Samstag, 18. Oktober 2014

Kulturschock rückwärts. Der letzte Eintrag!


Frischgebackene Freiwillige, kurz vor dem Beginn eines neuen Lebensabschnitts, nichts
erwartend, werden immer wieder vor dem Kultur-Schock gewarnt, der sie im Gastland erwarten würde. Ich habe nun schon über vier Wochen als Ehemaliger in Deutschland verbracht und muss aus meiner Erfahrung heraus sagen: der richtige Schock, der kommt erst bei der Rückkehr. Es sind nicht fremde Sprachen, die man nicht versteht, sondern die Muttersprache, die man nicht mehr hören kann. Es sind nicht Andersgesinnte und fremde Denkweisen, sondern die ursprünglich vertrauten Tugenden, die man nicht mehr nachvollziehen kann. Ich bin der Unverstandene, der etwas Andere, gleichzeitig der langsam Begreifende und sich Wehrende. Ich gehe Umwege, die andere nicht anerkennen, weil sie sich die Zeit nicht nehmen wollen und aufs Abkürzen fixiert sind. Der, der im Jetzt lebt und nicht zu weit voraus plant - ich bin umso freier, lebe das Leben mit ein bisschen Utopie. Ich kann nichts schlechtes daran finden!
Das sind alles kleine Notizen aus meiner Gedankenwelt, die dabei ist, diesen Rückwärts-Schock zu verarbeiten und gleichzeitig was neues zu integrieren. Auf dem Rückkehrer-Seminar in Tübingen stand das so konkret gar nicht auf dem Plan, aber war hintergründig eigentlich immer Thema. Das Seminar hat mir sehr geholfen, eine gewisse innere Ordnung wiederherzustellen, die Tage davor waren recht dunkel. Gleichgesinnte, in vielen Punkten vom selben Schlag, die einen verstehen und die verstanden werden. Wo sonst, wenn nicht auf dem Rückkehrseminar? Die Tage waren echt schön! Aber auch das war irgendwann zuende.


Inzwischen habe ich mich mit meiner Rolle etwas mehr angefreundet, auch wenn immer noch vieles den Bach runter geht. Das werde sich bessern, wurde mir gesagt, und das wird es vielleicht auch, aber deswegen will ich diese Mini-Depression trotzdem festhalten als etwas besonderes. Nach dem Motto: Die Welt ist schlecht, aber das Leben ist eigentlich schön!

Ich möchte dazu ein Stück Poesie teilen, das uns als "Kompass" mit auf den Weg gegeben wurde; das ich erst blöd fand, aber mir erst nach einer Weile die Wahrheit darin bewusst wurde.

Sonntag, 14. September 2014

Rückflug

Es ist Sonntag, 14.09.2014. Der Tag, der nie kommen würde, ist gekommen! Sehr viel ist noch passiert in den letzten Tagen und das Timing für den Rückflug ist denkbar ungünstig, aber das wäre es wahrscheinlich an jedem anderen Tag auch. Die Zimmer sind leer, die Wände nackt, die Wohnung hat nichts mehr von der lebendigen, immerfröhlichen Freiwilligen-WG. Viele schreiben uns Verbliebenen schon von zu Hause aus, wie fremd sie sich dort vorkommen und schicken Bilder und teilen Erlebnisse und wir finden das alles ganz lustig und interessant, aber denken uns: schön für sie, betrifft uns ja noch nicht - ist nur falsch!
Vom Gefühl her ist es ähnlich wie vor einem Jahr, nur dass in meinen Händen diesmal ein One-Way-Ticket liegt. Und der Abschied hat sich diesmal nicht "angebahnt", sondern  kam ganz plötzlich, wie aus dem Nichts. Keine Zeit, um dieses und jenes ein letztes Mal zu machen. Kein großes Goodbye, sondern jeden Tag ein kleines und dadurch ist es irgendwie nicht echt. Obwohl man es ganz genau weiß, kann man es sich nicht vorstellen und das ganze Abschiedsszenario ist wie ein komischer Traum. Manchmal überkommt es einen für eine Sekunde und man glaubt, noch nie so traurig gewesen zu sein. Aber im nächsten Moment tut man es schon als surreal ab, als würde das Ereignis eh nie eintreten, das alle so betroffen macht. Schön ist es trotzdem nicht. All die alltäglichen Dinge hatten beim letzten Mal dennoch etwas besonderes an sich.

Ich würde hier gerne von diesen so ereignisreichen letzten Tagen erzählen und euch Bilder zeigen... Aber ich improvisiere das hier gerade nur auf dem Handy und für den Laptop hab ich kein Internet mehr. Das muss dann eben nachgeholt werden und wird es definitiv!
Für heute muss es in dieser Kürze reichen und ich hoffe, es funktioniert überhaupt.

Wie auch immer!
Bis dann,

Lukas


Sonntag, 24. August 2014

Unyaka wam uphelile...

Molweni, liebe Freunde der Bloggerkunst!

Lang ist's her, ich weiß... aber ich war auch ziemlich busy und bin es eigentlich immer noch. Auf meinem imaginären Schreibtisch türmt sich ein imaginärer Stapel Papier. Aber mal den Blog zu pflegen gehört ja auch zu den Dingen, die ich noch erledigen wollte, also!
Wer es noch nicht bemerkt hat, es ist schon Ende August. Hallohooo, ENDE AUGUST! Das kann einfach gar nicht sein, wenn ihr mich fragt. Aber die Fakten, wie dass die Hälfte unserer Freiwilligengruppe bereits abgereist ist, überraschen mich jeden Tag aufs Neue mit der Wahrheit. Und es dauert dann auch immer ein bisschen, bis ich begreife, dass ich ja in ein paar Tagen selbst an der Reihe bin. Aber dazu einiges... später!

Teil 1:
Ich fasse die Zeit seit dem Urlaub jetzt mal ein bisschen knapper zusammen als normalerweise, sonst sprengt es diesmal wirklich den Rahmen. Ich wollte ja eigentlich erst wieder bloggen, wenn der Alltag wieder etwas eingekehrt ist, aber dann wäre der nächste Eintrag vermutlich im Oktober gekommen.
Mit dem Urlaub ging es nämlich direkt noch eine Woche weiter. Unser guter Transport-Fahrer ist ja aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen und kann momentan immer noch nicht arbeiten. Es dauerte 5 Tage, bis Ersatz eingestellt wurde und so hatten wir noch ein bisschen Extra-Urlaub. Am Dienstag war ich dann zum ersten Mal wieder im Kindergarten. Es hatte sich während der Ferien nichts verändert, außer dass noch zwei neue Kinder dazugestoßen sind. Die Betreuung übernehmen jetzt übrigens immer die Tochter der Principal und eine Erzieherin aus dem Eastern Cape, die am CCE eine Ausbildung machen will. Aus Namibia hatte ich viele Postkarten mit Tier-Motiven von Antilopen, Löwen, Giraffen und von der Wüste mitgebracht und wir haben einige davon an die Wand gehängt. Die Kinder haben dann bei der Story Time erzählen dürfen, was sie darauf sehen: Kuh, Kuh, Kuh, Pferd, Kuh, Katze, Kuh, ... :D  Ich schreibe auch neuerdings Beobachtungen über das Verhalten der Kinder auf, die dann bei Elterntreffen präsentiert werden sollen.
Im Woodwork habe ich damit begonnen, einen Laufstall für die ganz Kleinen zu bauen. Das sollten ein paar niedrige Zaunelemente sein, die nach Belieben zusammensetz- und faltbar sind (ähnlich wie ein Hasengehege). So ein Bereich wird bei uns immer mehr nötig, da die Babies an Zuwachs gewinnen und möglichst nicht zusammen mit den Größeren spielen sollten. Wenn Kinder nämlich mit kleineren Kindern "Kind" spielen, endet das manchmal ziemlich brutal. Von den ganzen Unfällen ganz zu schweigen. Also muss eine eingezäunte Fläche her, die bis oben hin mit Decken und Spielzeug gefüllt ein schönes Krabbel-Paradies ergibt. Für das Material habe ich mir wieder ein paar Paletten organisiert, aus denen ich die Bretter gewinnen konnte, die dann bloß noch zurechtgesägt und -geschliffen werden mussten, bevor sie zusammengeschraubt werden. Das sollte dann in den folgenden zwei Wochen passieren - unter Mithilfe.

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Freitag, 01. August, 14:00, Wochenende! Zwei Zaun-Dinger waren fertig- und ich zufriedengestellt. Ab ins Auto, duschen, umziehen, fertig. Auto? Ja, seit Mittwoch war ich stolzer Mieter eines alten Mazda 323 (der Stilvolle mit Stufenheck :)). Warum? Ich bekam Besuch, und zwar noch heute! Viel mehr als ein bisschen däumchendrehend auf der Couch sitzen war dann auch nicht mehr zu tun, dann ging's schon zum Flughafen.
Zwischeninfo: Vor zwei Monaten hatte ich erst davon erfahren, dass Sönke schon vor einem halben Jahr den Flug nach Kapstadt gebucht hatte. Zwei Wochen sollten's genau sein. Gut also, dass ich meine verbleibenden 5 Urlaubstage aufgehoben hatte. Vor einiger Zeit war das noch ganz weit weg - und jetzt war plötzlich der erste August. Den Mazda auf P2 geparkt, stand ich 30 Minuten zu früh am Arrival und sah noch ein bisschen dem Flugverkehr draußen zu. Zufälligerweise traf ich dort Jonas, der aus der Maschine vor meinem Besuch seine Schwester abholte.
Wiederum 30 Minuten später stand ich immer noch am gleichen Fleck. Der Flieger aus Katar war schon längst gelandet und die Ankunftshalle so gut wie verwaist. Eigentlich waren da nur noch ein paar traurige Taxifahrer und ein Vertreter, der mir mit so einer blöden Wein-Tour auf den Senkel ging. Ich hatte mir zwischendurch sogar erlaubt, eine Flasche Wasser kaufen zu gehen, es kam ja eh niemand mehr aus der Gepäckhalle...
Kaum war die leergetrunken und in den Müll gewandert, kam er doch noch mal ums Eck, der Kollege! :D  Jipiiiiieeeeeeee! Hallo, hallo, wo ist dein Koffer, nicht dabei gewesen, ach Scheiße, naja, guck mal da, was denn, ouuuuuuuuuh nein! ... Man darf sich das jetzt so ähnlich vorstellen wie in der Show bei Kai Pflaume, wo dann urplötzlich irgendeine verschollene Person durch den magischen Tunnel kommt und man danach die Lautstärke runterdrehen muss, weil die sich alle so ankreischen. Nur hab ich nicht gekreischt, sondern einfach erst mal nix gesagt: da kamen ja nochmal fünf Leute aus dem Flugzeug!!! Ich dachte, ich werd bekloppt! Darauf wär' ich ja im Leben nicht gekommen. ich glaube, sooo sehr bin ich noch nie überrascht worden... ^^ Mathias, Phillip, Jonas, Nina, Michael, nochmal hier: das ist euch sehr gut gelungen. ;D
Innerlich musste ich jetzt zwar alle Pläne und Vorstellungen von den bevorstehenden 14 Tagen binnen weniger Augenblicke über den Haufen werfen. Ach, aber ich muss sagen, das war eigentlich ziemlich schnell akzeptiert. Bis auf dass ich jetzt keine Matratze mehr ins Zimmer werfen, sondern stattdessen immer bis in die Stadt zu deren Apartment fahren musste, war ja eigentlich nicht viel anders so von der Planung her. Die gab's eigentlich ohnehin nie, ich hatte bloß so ein paar Must-Do im Kopf, von denen manche jetzt als Gruppe nicht mehr machbar waren, aber was soll's. Die vertrauten Gesichter und den Tafelberg nebeneinander zu sehen, war schon interessant genug. Und außerdem hat Cape Town jetzt definitiv ein paar große Fans mehr, würde ich sagen. Diese zwei Wochen haben praktischerweise auch mir nochmal die Gelegenheit gegeben, die schönsten Orte meiner zweiten Heimat zu besuchen, auch wenn es davon wirklich noch unendlich viele mehr gibt, als wir in den paar Tagen sehen konnten. Ich zähl mal (nicht nach Reihenfolge) auf, was so los war:
Die wichtigen Touristen-Spots am Kap von Pinguin-Beach über Cape Point, Chapman's Peak und Signal Hill waren natürlich dabei. Auf der gleichen Route, die ich hier schon einmal beschrieben habe, haben wir den Tafelberg bei allerbestem Wetter bezwungen und die unvergleichbare Aussicht über diese riesige Stadt und darüber hinaus genossen.




Eine Nacht auf der Long Street feiern zu gehen war auch quasi Pflicht-Erlebnis. Eine etwas andere Safari haben wir in Buffelsfontein im West Coast-Park mitgemacht - das Westkap ist einfach nicht DAS Safari-Afrika aus dem Bilderbuch - aber es war trotzdem ganz schön und abwechslungsreich. Diverse Strände vom südlichen Betty's Bay bis hoch nach Blaauwberg sind nacheinander immer wieder zum jetzt-aber-wirklich-mit-Abstand-schönsten Strand überhaupt gekürt worden. Und vom Township sind meine deutschen Gäste sogar gleich am ersten Tag etwas weichgeklopft worden - der Braai-Place bei Mzoli's in Guguletu war SO voll und laut wie noch nie! Das war ne Riesen-Party, der Hammer! Vier von Sechs haben sich auch mal einen Vormittag lang ins Educare getraut und ein paar Kids beim Spielen beglückt. Tischtennis war ebenfalls im Programm und wir haben leider ausgerechnet an dem Abend mit dem meisten Publikum (10 reine Zuschauer!) knapp mit 4:6 verloren, darunter ich mein einziges Einzel in der Rückrunde bisher.
Und bei Woodwork haben wir das Zäunchen für die Baby-Ecke gemeinsam um zwei Elemente erweitert, eine Bank kaputt gemacht und wieder repariert, Nägel gerade geklopft und Blöcke geschliffen. Der Baby-Court ist inzwischen Gelb-Blau gestrichen worden und wartet nur darauf, nach Khayelitsha gebracht zu werden.


Tjaaa, es war zwar manchmal etwas stressig und schwer, meinen Alltag mit der Reiseführer-Tätigkeit unter einen Hut zu bringen, aber unter'm Strich war das natürlich ein unvergesslicher Meeeega-Urlaub! :)
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Teil 2:
Spätestens jetzt ist der "Alltag" aber gar nicht mehr wiederherstellbar. Dort am Flughafen im Abflug-Bereich zu stehen, hat mich schon mit einem gewissen Grauen erfüllt. Und zu Hause in Muizenberg kommt auch regelmäßige Gruppen-Bestürzung auf, wenn es um das Thema Abschied geht. In einer Woche sind wir nämlich schon nur noch zu viert in der WG. *schauder*
Hachja. Es hilft alles nichts. Immerhin kann ich das emotional mittlerweile grob kategorisieren. Nicht-weg-wollen: 50% | Freude auf Familie & Freunde: 50% | Lust auf Deutschland: 0%
Vor einem Jahr habe ich immer gerne Blogs wie meinen jetzt gelesen und damals gedacht: Zurückkommen? Wo ist denn das Problem? - Aber heute weiß ich, dass da viel mehr dran hängt, als ein Jahr voller einmaliger Erlebnisse. Das ist nicht so einfältig wie diese teuren "Work & Travel"-Reisen mit dem Motto: alles gesehen, nichts erlebt! Nein, denn Cape Town ist jetzt ein Ort, an dem ich mich so gut auskenne, wie kaum sonstwo! Ich habe hier Freunde und Erfahrungen fürs Leben gewonnen und von Anfang an eine supergeile Zeit gehabt - das hat sich alles ganz von selber mit der Zeit entwickeln können. Das liegt natürlich auch an der Ausgangsposition, von der man als Freiwilliger das Glück hat, ein Land kennenzulernen. Nicht als "oberflächlicher" Tourist und heute-hier-morgen-da, sondern als Local. Die beiden großen Urlaube haben mich durch ganz Südafrika und Namibia gebracht, aber ich weiß: selbst dabei habe ich nur einen kleinen Bruchteil der unzähligen "Wooooooooaaaah!"-Orte in diesem schönen Land gesehen. Und so ist es auch hier am Kap mit den Erlebnissen immer noch jeden Tag.
Es gäbe also viele Gründe, noch zu bleiben, aber das steht nicht zur Wahl. Es muss ja irgendwann weitergehen mit dem determinierten Arbeit-Rente-Schluss-Weg. Den werde ich zumindest versuchen, in bestmöglichem Zickzack zu gehen. Nach SA komme ich dabei ganz bestimmt öfters zurück (und wenn die Kriegstreiber in Europa an der Macht bleiben, umso eher). Ich will am liebsten auch die ganze restliche Welt sehen, in der ich lebe, und als Erste-Welt-Bürger genieße ich schließlich das kostbare Privileg, dass das mit ein bisschen Geld gar nicht so schwer ist. Auch ziemlich krass, wenn man mal darüber nachdenkt!


Freiwilligendienst - das macht man eigentlich nur einmal. Ich weiß, dass es eine der besten Entscheidungen meines Lebens war. Es ging von Beginn an darum, sich das überhaupt zu trauen. Und ehrlich gesagt hatte ich damals keine Ahnung, ob ich mit dem Kindergarten-Job nicht völlig verzweifeln würde. Ich dachte für lange Zeit, das wäre eigentlich gar nichts für mich, aber ich würde die Herausforderung annehmen. Und dann habe ich für mich herausgefunden, dass es fast nichts Leichteres gibt, als Kinder in dem Alter zu beschäftigen und dass es sogar Spaß macht. Das war nur eine von vielen Dingen, die mir nur der Freiwilligendienst beibringen konnte. Als großes Beispiel fällt mir natürlich auch meine neue Sprache ein, isiXhosa, die ich schriftlich inzwischen ziemlich gut beherrsche und mich mündlich einigermaßen verständigen kann. Noch mehr special geht ja kaum, als mit so einer Referenz nach Europa zurückzukommen! Zu guter Letzt sind es aber vor allem die Dinge, die abseits des Lebenslaufs stattgefunden haben. Von der geistigen Veränderung habe ich ja schon gesprochen, der Art, wie man die Welt mit anderen Augen sieht, nach einem Jahr in der Dritten Welt. Das gilt für die eigene Lebensweise, aber auch für viele politische Ansichten.
Bei allem was ich hier mitnehme ist natürlich auch die Frage berechtigt: welche Spuren hinterlasse ich, was bleibt von mir hier? Eine sehr schwere Frage, denn das kann man eigentlich nur vermuten. Außer materiellen Dingen wie der Toilette, der Baby-Ecke, dem gefixten Dach und anderen Verbesserungen im Kindergarten - wo steht mein Name dahinter? Erinnerungen sind das Hauptsächliche! Der Gedanke, dass ein weißer Tishala sich ein Jahr lang im benachbarten Educare abgerackert hat, jetzt sogar die einheimische Sprache spricht und in einer völlig anderen, aber erfolgreichen Art mit den Kindern umzugehen pflegt, setzt sich auch in den Köpfen der Community irgendwo fest und wird anerkannt (oder eben nicht). Beim Zwischenseminar haben wir gelernt, dass das allein schon eine Leistung ist. Und den Leuten, mit denen ich direkt zu tun hatte, werde ich sowieso in Erinnerung bleiben. Die haben von mir zwar längst nicht so viel "Deutschland" von mir abbekommen, wie andersherum, aber sie werden trotzdem vieles für immer mit mir in Verbindung bringen und vielleicht nach meinem Vorbild handeln. Natürlich nicht nach "deutschem" Vorbild, nicht dass das falsch verstanden wird! Einfach nur die Art und Weise, wie ich z.B. die Kinder unterhalten habe, wie ich einen Stuhl repariert habe, welche Meinung ich zur Rassen-Unterteilung kundgetan habe, was ich von der Kirche gehalten habe, wozu ich mir welche Gedanken gemacht habe... Und ich habe dafür so einiges vom African Style annektiert, indem ich manches so viel gelassener und offener angehe, als der typische deutsche Brummbär. Falls so eine Einschätzung überhaupt möglich ist. Mit anderen Worten: Ich weiß, ich habe mich verändert, aber fragt mich nicht, was jetzt genau anders ist!

Tja, das klingt jetzt schon alles so sehr nach Abschluss-Eintrag - und das soll es auch. Unyaka wam uphelile, mein Jahr ist zuende. Ich lasse es mal dabei bewenden. Die größte Schwierigkeit ist sowieso, solche über ein Jahr gereifte Denkweisen und Erkenntnisse irgendwie an Außenstehende zu vermitteln. Ein bisschen freue ich mich da schon auf das Rückkehrer-Seminar in Tübingen, wo sich dann geballte Auslandserfahrung in Person von vielen, vielen Freiwilligen trifft und austauscht. Das Gegenteil kommt in dieser Woche jetzt auf mich zu: heute kommt schon die erste Gruppe neuer Freiwilliger - also Nachfolger - an! Bin mal gespannt, ob ich in denen vielleicht was von meinem 2013-Ich wiedererkenne. ;)

Vor meinem Abflug melde ich mich nochmal. Das ist in haargenau............... drei Wochen!
Letzte Info: ich bin über alle in Deutschland bekannten Handynummern nicht mehr zu erreichen. Wer meine Nummer braucht, schreibt mir ne Mail oder es in die Kommentare. ;)


Bis bald-bald-bald,

Lukas

Donnerstag, 24. Juli 2014

Roadtrip durch NAMIBIA

Wuuhuuuu!

Wir sind wieder da! Und die Ferien sind vorbei! ...eigentlich. Unser Busfahrer ist nämlich seit Anfang dieser Woche krank, Ersatz war nicht so schnell verfügbar und wir kamen bisher nicht zur Arbeit. Somit hab' ich gerade auch noch ein bisschen freie Zeit zu Hause, in der ich viele Dinge erledigen kann. Unter anderem habe ich mein Reisetagebuch digitalisiert! Das gibt es jetzt hier (übrigens geht auch der Link zum ersten Reisetagebuch wieder)! Wie letztes Mal als PDF-Download, damit das hier kein Urlaubsblog wird...

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"Vier Chaoten, die tagelang durchs Niemandsland gurken, um sich ein bisschen Sand anzuschauen."

...nee, falsch!

Vier Abenteurer, denen kein Weg zu weit ist, um das wunderschöne Namibia in nur wenigen Tagen kennenzulernen!
Das sind Lukas, Alex, Nils und Flo, die zehn Tage ihres Winterurlaubs im Wunderland nordwestlich der Republik Südafrika verbracht haben. Dabei gab es eine Menge zu lernen: Dass man ohne Reisepass an der Grenze verhaftet wird, zum Beispiel. Dass es auch in einer Wüste mal Minusgrade haben kann. Oder dass man selbige besser nicht ohne einen Tropfen Wasser durchkreuzt. Aber auch, dass manchmal Wunder geschehen können und dass es letztendlich immer das ist, was man daraus macht. Auf jeden Fall mehr als "ein bisschen Sand" einem sonst beibringen könnte!

Was in den zehn Tagen auf 6426 Kilometern Strecke so alles los war und was Namibia für ein faszinierendes Land und tolles Reiseziel ist, das gibt es jetzt hier zu lesen (klicken zum Download; PDF, 2.76 MB):



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Für manche Freiwillige schlägt in diesen Tagen schon die letzte Stunde ihres Auslandsjahrs. Und ich habe noch gute sieben Wochen. Daran klammer' ich mich jetzt fest!

Jetzt habt ihr ja erst mal wieder viel Lektüre bekommen. Sobald der Alltag wieder losgegangen ist, erzähle ich euch, was gerade so los ist und demnächst ansteht. ;)


Bis bald!

Lukas

Freitag, 4. Juli 2014

Rauf, runter, Urlaub.

Hallo Leute!

Und Bahn frei für den Juli!


Das Wetter hier ist und bleibt einfach der Wahnsinn. Wochenlang Eiseskälte, aber dann immer mal wieder ein Tag Hochsommer mit 27°C mittendrin! Aber davon habe ich das letzte Mal ja schon lang genug berichtet. Dieses mal geht es um Überraschungen, gute wie schlechte. Und um Rück- und Ausblicke!


Ich fange einfach mal mit den beiden schlechten Neuigkeiten an:

Nummer 1: die Erzieherin im Khanyisa Educare hat einen neuen Job gefunden. An ihrem letzten Tag hielt sie es für angemessen, uns das auch mal mitzuteilen. Abspülen in der Kantine vom Stadtamt Khayelitsha wird wohl besser bezahlt, als die Erzieherinnen-Stelle. Klar, viel Geld gibt es bei uns nicht und ab und zu fällt die Bezahlung auch knapper aus, weil einfach keins da ist... Naja schade einfach. Das heißt jetzt auch, dass die ganze Arbeit erst mal an mir hängen bleibt. Eine ganze Gruppe alleine zu leiten, bin ich ja aus meinem alten Kindergarten schon gewöhnt. Das geht schon, ist aber anstrengend und halt nicht so das Hundertprozentige. Mein gutes isiXhosa ist aber mittlerweile eine Waffe und kein Nachteil mehr. Ich verstehe die Kinder und die Kinder verstehen mich auch (nach nur maximal zehn Anläufen)! ;) Neben dem üblichen Tagesprogramm müssen die (provisorisch eingestellte) Köchin und ich uns aber auch noch um die Babys kümmern, die seit neuestem zweimal die Woche bei uns sind. Sogar 5-Monate-alte Zwillinge sind dabei. Die Arme derart beladen, kann man halt schlecht auch noch die Größeren bespaßen.
Das waren also ziemlich stressige Tage in letzter Zeit. Ich falle jedes mal regelrecht in den Bus. Vielleicht kommt ja schon bald eine neue Erzieherin als Verstärkung, das wäre sehr wünschenswert - vor allem auch für die Tage, an denen nicht mal ich da bin, wie z.B. jeden Freitag.


Nummer 2: Freitag war das Stichwort - es gibt kein Gardening mehr!! :( Unser Gärtner hat einfach keinen neuen Vertrag vom Centre bekommen. Schluss, aus, vorbei. Warum? Keine Ahnung! Das ist das große Freitagsrätsel. Angeblich habe er sich nicht genug um das Grundstück gekümmert und zu viel Zeit auf den Veggie-Garten und seine eigene Gärtnerei verwendet. Aber das ist Quatsch! Der Gemüsegarten, UNSER Gemüsegarten, alleine braucht schon so viel Aufmerksamkeit, da mussten für den Rest der CCE-Pflanzen sogar einige Überstunden gemacht werden. Und der Rasen und die Bäume waren alle trotzdem top gepflegt. Wiedermal eine richtig unverständliche Entscheidung von den Centre-Chefs, mit denen wir Freiwillige nicht wirklich sprechen können. Wir werden es aber mal versuchen und auf jeden Fall deutlich unsere Meinung dazu sagen. Die ganze Arbeit von einem Jahr kann jetzt nicht einfach so umgegraben werden! Das müsste sie nämlich, wenn sich nur noch freitags jemand um den Garten kümmert. Der Vertrag, mit uns Freiwilligen zu arbeiten, läuft nämlich seltsamerweise weiter. Und aus Gardening ist jetzt Woodwork geworden, Holzarbeit. Wir reparieren, stellen her und bessern aus (Projektbericht: Bauklötze). Das ist zwar auch ziemlich cool... aber der Garten liegt mir persönlich auch einfach am Herzen, ich hab ihn schließlich mit aufgebaut! Der Gärtner will Teile davon ehrenamtlich erhalten, damit nicht alles für die Katz' war. Aber das kann es doch auch nicht sein. Das ist alles wieder so unnötig, der ganze Ärger!
Vielleicht lässt sich ja doch noch was machen. Und wenn nicht, dann war es das eben mit den schönen Freitagen. Viele wären es eh nicht mehr gewesen.

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So, jetzt habe ich mich wieder so in Rage geschrieben, dass ich gar nicht mehr weiß, was nochmal die positiven Überraschungen waren.

Achja! Ich musste nur an den Kindergarten denken. Da ist jetzt nämlich das Dach endlich dicht! Mit wasserfestem Lack und Isoliermaterial haben wir die Löcher im Blech gestopft, es regnet nicht mehr rein. :)


VIELEN DANK auch an dieser Stelle nochmal an die Spender unter euch, die nach meinem Aufruf letztes Mal ein paar Euros entbehren konnten, ihr habt den Kindern den Winter gerettet!! 76 € sind zusammengekommen. ;)




Auf diesem Bild hier ist noch die neue Folie für den Küchen-Fußboden zu sehen, die mit dazu passendem neon-orangenem Klebeband fixiert wurde, die wurde u.a. vom noch übrig gebliebenen Geld gekauft.




Und noch etwas neues haben wir jetzt: eine richtige Toilette! Endlich hat es geklappt: das Klo wurde geliefert und übers Wochenende installiert. Der komische Beton-Klumpen stand zwar so nicht auf dem Plan, aber immerhin funktioniert die Spülung einwandfrei und der stinkende Plastikeimer ist jetzt endlich Geschichte!

Und es mag noch etwas komisch aussehen, aber im Sommer soll das ganze Haus noch um diesen Bereich erweitert werden, d.h. die Wand wird bis zum Zaun gehen, es wird überdacht und ein "Badezimmer" daraus gemacht. Jetzt im Winter reißt man das Haus noch nicht auf. Auch die Toilette wurde übrigens von einem Spender finanziert, der genauso mächtig stolz darauf sein darf, wie meine Principal es jetzt ist. Es ist ein riesiger Schritt vorwärts. Das Social Department könnte das Khanyisa Educare Centre sogar jetzt schon offiziell registrieren, sodass man ab und zu mal Fördergelder von der Stadt bekäme. Mal sehen!

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Tischtennis läuft immer noch sehr gut. Die erste Pokalrunde ist knapp mit 5:4 überstanden (hier wird wie in Deutschland gespielt: das Team, das zuerst 5 Punkte hat, gewinnt) und wir stehen zum Hinrundenende in der oberen Tabellenhälfte. Ich habe inzwischen auch noch zwei meiner Spiele verloren. Das bedeutet, dass ich am Montag gegen Steenberg auf den Liga-Zweitbesten - jetzt punktgleich mit mir - treffe. Spitzenspiel also! Eine Revanche wird es nicht geben, zum Saisonende bin ich ja leider nicht mehr in Südafrika. Ich werde also alles geben müssen! (links: Tabelle von vor drei Wochen)





Dafür werde ich auch ausgeruht genug sein, denn ab heute geht es in die wohlverdienten, letzten Ferien! Zwei arbeitsfreie Wochen und davon zehn Tage verreist - traumhaft! Nach Namibia geht es, wie geplant. Woanders hin wohl doch nicht mehr, dafür ist der Zeitplan schon etwas knapp. In jedem Fall ist es dort oben schon mal nicht mehr so kalt wie hier am Kap. Und einfach das Unterwegssein generell reizt mich gerade total! Das werden mit Sicherheit wieder unvergessliche Roadtrip-Tage und ich werde natürlich wieder ein Roadtrip-Tagebuch führen. ;)

Ja und danach? Dann ist eine Woche Arbeiten angesagt und schon steht die Farewell-Party unseres Jahrgangs an. Die Ersten fliegen nämlich schon sehr bald zurück nach Deutschland. Un-fass-bar!
Das Thema kommt jetzt immer öfter auf. Manche freuen sich darauf und zählen die Tage, aber die meisten ziehen jetzt schon eine dicke Bremsspur hinter sich her. Wir wussten es, es wurde uns so oft gesagt, und trotzdem ist es so komisch: nach einem Jahr kennt man sich jetzt zwar schon sehr gut aus, ist aber gleichzeitig immer noch am Ankommen. Man ist das Umfeld vollkommen gewöhnt und entdeckt trotzdem immer wieder irgendetwas Neues darin, macht die ungewöhnlichsten Erlebnisse, lernt ständig dazu und hat einfach Bock auf immer noch mehr davon! Noch dazu ist das hier einfach mein Zuhause geworden. Deutschland ist sozusagen in einer anderen Welt. Das findet einfach nicht statt, in meinem "neuen Leben".
Es sind nur die wichtigsten Menschen, die da immer mal wieder mit Major Tom funken und ihn an die harten Fakten erinnern. Gut, wollen wir mal nicht übertreiben - klar denke ich jetzt viel an Daheim, je näher der September kommt. Aber hier hat einfach irgendwie ein Neuanfang stattgefunden. Die Dinge haben sich neu geordnet, die Karten sind neu gemischt. Ich habe zum einen neue Visionen, neue Ziele und andere Einstellungen, zum anderen ist aber auch viel gleich geblieben, oder nach langer Zeit wiedergekehrt. Es ist einfach ein spannendes Gefühl, die Zukunft jetzt so neu vor sich zu haben. Und ich habe richtig Lust darauf! Aber weglaufen tut sie mir ja nicht, im Gegensatz zu diesem Auslandsjahr. Das geht jetzt halt endgültig in die letzten zehn Runden (Wochen) und jede davon wird wie die letzten 42 etwas besonderes sein. Hier hat das Neue seinen Ursprung und hier funktioniert es wunderbar. Deswegen will ich vielleicht nicht so gerne wieder zurück, auch wenn ich mich natürlich trotzdem tierisch freuen werde, wenn es dann erst mal soweit ist. Ach, das ist hochkomplexe Psychologie, glaube ich. Lassen wir das! :D
Fakt ist: jetzt ist erst mal Urlaub! Danach ist danach und noch stehe davor... oder so! ;)


Ich hoffe, ihr lest diese Zeile jetzt nicht irgendwann nachts, weil ihr mitten im Text eingeschlafen seid. Und wenn doch, dann seid ihr jetzt wenigstens fit zum WM-Gucken! Das machen wir hier auch hin und wieder, in einer Pizzeria. Das Finale werde ich wohl in Windhoek verfolgen, also Frankreich gegen Argentinien... Spaß! :D
(Vergesst trotz aller Begeisterung für den Sport bitte nicht das politische Drumherum. Immerhin werden in Brasilien für Millionen-Summen Wälder abgeholzt, damit die Herren es sich in neuen Luxus-Apartments bequem machen können, während hierzulande Kindergärten absaufen, weil das Geld für die Dachreperatur fehlt...!)

Also, ihr hört nach dem Urlaub wieder von mir! ;)

Bis bald!

Lukas